27.06.2025

"Ich kämpfe jeden Tag"


Wie eine Arbeitsgelegenheit Katrin R. forderte, förderte – und ihr Leben veränderte

Katrin R. ist gelernte Ergotherapeutin. Eigentlich wollte sie mit Menschen arbeiten, helfen, begleiten – doch direkt nach ihrer Ausbildung fand sie sich in einer ganz anderen Realität wieder: isoliert im Keller, ohne Kontakt zum Team. „Ich habe mich ausgegrenzt gefühlt“, erinnert sie sich. Die Folge war eine schwere Depression – und schließlich der Ausstieg aus dem Beruf.

Es folgten viele Jahre ohne festen Halt. Katrin war arbeitslos, gesundheitlich angeschlagen, dazu kamen eine Suchterkrankung und der Verlust des Selbstvertrauens. Ein regulärer Job? Unvorstellbar. Und doch wollte sie nicht stehen bleiben. Sie suchte nach Möglichkeiten, aktiv zu bleiben – und fand sie in Arbeitsgelegenheiten (AGH). Diese geförderten Tätigkeiten geben Menschen in schwierigen Lebenslagen eine sinnvolle Beschäftigung, Struktur – und das Gefühl, dazuzugehören.

In den letzten 20 Jahren war Katrin in verschiedensten Projekten aktiv: in Küchen, sozialen Einrichtungen, Werkstätten; zuletzt in der Fahrradzentrum Eimsbüttel. „Ich konnte mein Wissen rund ums Fahrrad einbringen, anderen helfen – und mich endlich nützlich fühlen. Ich wäre gerne geblieben.“

Und das Anleitungsteam erkannte ihr Potenzial: Zum richtigen Zeitpunkt bekam Katrin die Wahl: eine geförderte Stelle nach § 16i SGB II – längerfristig, mit mehr Verantwortung. Sie stand davor: Küche oder Fahrradwerkstatt? „Ich habe mir auch das Café Lenz angesehen“, erzählt sie. „Aber ich wusste: Mein Kopf muss gefordert werden. Das habe ich nur im Fahrradbereich. Kochen kann ich – aber das andere reizt mich mehr.“

Der Schritt in die geförderte Beschäftigung war nicht leicht. Die gesundheitlichen Herausforderungen sind geblieben. „Krankheiten, meine Depression, die Sucht – das wird mich wohl immer begleiten. Aber ich kämpfe jeden Tag.“ Halt findet sie beim Träger einfal. „Die lassen mich nicht einfach fallen. Ich habe einen Coach – für die Steine auf dem Weg, die immer wieder auftauchen.“

Und auch klare Ansagen gehören dazu. „In der AGH hieß es: ‚Jetzt den Vertrag unterschreiben und zum 15. starten – sonst geht es hier nicht weiter.‘ Das war hart. Ich musste schlucken. Aber ich habe unterschrieben. Und dann kam die Freude: Ich habe einen Job. Ich darf den nächsten Schritt machen.“

Für Katrin war die Arbeitsgelegenheit weit mehr als eine Maßnahme. Sie war der Wendepunkt. „Ich habe dort gelernt, dass ich etwas kann. Dass ich nicht allein bin.“ Die tägliche Struktur, das Team, das Gefühl, gebraucht zu werden – all das stärkt ihr Selbstbewusstsein und gibt ihr Kraft, weiterzugehen.

Auch im Privaten schöpft sie Kraft aus kleinen, aber bedeutenden Dingen. Besonders ihre Katze ist ihr wichtig: „Sie ist mir sehr wichtig. Am liebsten ist mir, wenn sie auf mich wartet – aber sie ist auch ein kleiner Streuner.“
Und dann gibt es da noch Familie und enge Freunde, die zu ihr stehen. „Sie haben vieles miterlebt – auch die schwierigen Zeiten. Heute freuen sie sich mit mir, dass ich wieder arbeiten kann. Ihre Anerkennung bedeutet mir viel.“

In ein paar Jahren wird Katrin in Rente gehen. Doch ans Aufhören denkt sie nicht.
„Ich will gebraucht werden. Ich will weiterarbeiten und mir etwas dazuverdienen. Nicht nur wegen des Geldes – sondern weil ich dazugehören will.“

Arbeitsgelegenheiten sind oft das letzte Auffangnetz – aber sie können so viel mehr sein.
Für Menschen wie Katrin R. bedeuten sie Teilhabe, Stabilität, Wertschätzung – und manchmal den entscheidenden Schritt zurück ins Berufsleben. Dazu bedarf es gute und fachliche Unterstützung. Anleitung und Sozialpädagogen, die einen auffordern den nächsten Schritt zu gehen, aus der Komfortzone herauszutreten. Aber die auch da sind, wenn es nicht klappt und einen stützen und stärken.